
Das moderne Konzept der Achtsamkeit geht auf den Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn zurück, der vor über 30 Jahren ein Training zur Reduktion von Stress entwickelte. Das sogenannte MBSR-Programm (Mindfulness-Based Stress Reduction) beruht auf verschiedenen Achtsamkeitsmeditationen und wird unter anderem zur unterstützenden Therapie von Burnout, Ängsten und chronischen Schmerzen eingesetzt. Mittlerweile findet das Training auch in anderen Kontexten, wie beispielsweise der betrieblichen Gesundheitsvorsorge oder in Schulen und Kitas Anwendung.
Was bringt mir Achtsamkeit?
Sämtliche Reize, die wir aus der Umwelt oder aus dem Inneren unseres Körpers wahrnehmen, werden von unserem Gehirn sofort in die Kategorie „angenehm“ oder „unangenehm“ einsortiert. Anschließende Reaktionen sind dann meist völlig unbewusst daran ausgerichtet. Evolutionsbiologisch betrachtet ist dieses Verhalten sinnvoll. Wer vor einem Säbelzahntiger steht, ist in größter Alarmbereitschaft und ergreift schleunigst die Flucht, um sich in Sicherheit zu bringen. Heutzutage müssen wir uns um solche Gefahren natürlich keine Sorgen mehr machen. Trotzdem kämpfen wir jeden Tag mit unseren persönlichen kleinen oder größeren „Säbelzahntigern“. Ob es das anstehende Projekt, ein schwieriges Gespräch oder eine wichtige Entscheidung ist, sie alle können unseren Körper genauso alarmieren. Warum? Es liegt an unserer Wahrnehmung, der Interpretation dieser und an der Funktionsweise unseres Gehirns. Unser Bordcomputer macht keinen Unterschied zwischen einer tatsächlichen oder eingebildeten „Bedrohung“. Er warnt uns lediglich und das mit einer ganzen Reihe von Hormonen. Zeitdruck, Multitasking und zu kurze Erholungszeiten tun dann das Übrige. Wir fühlen uns gestresst.
Indem wir lernen unangenehmen Dingen keinen zusätzlichen Widerstand entgegenzusetzen und uns eine Haltung der Akzeptanz angewöhnen, können wir für große innere Gelassenheit sorgen und so den ein oder anderen Tiger gleichmütig ziehen lassen. Achtsamkeit kann uns dabei helfen diesen Weg zu beschreiten. Durch das regelmäßige Üben von Meditation, lernen wir eigene Denkmuster zu erforschen und können so unser Handeln gerade in herausfordernden Situationen besser verstehen. Mit diesem Bewusstsein lassen sich die oft gewohnheitsmäßig ablaufenden Verhaltens- und Reaktionsweisen leichter durchschauen und verändern. Das Üben von Achtsamkeit ist also ein Training unseres Bewusstseins.
Die Effekte eines regelmäßigen Trainings sind vielfältig. Studien zeigen beispielsweise, dass das Üben von Meditation zur Reduzierung von Stress- und Angstgefühlen, einem gesteigerten Wohlbefinden und zur Stärkung des Immunsystems beitragen kann (vgl. Davidson et al. 2003, Beauchemin et al. 2008).
Meditation und Achtsamkeit sind kein Allheilmittel, sie bieten uns jedoch die Möglichkeit mit einem klaren Blick ein tiefes Verständnis unserer Selbst zu entwickeln und daran orientiert zu handeln. Ich unterrichte das Konzept der Achtsamkeit in meinen Kursen losgelöst von jeglichem religiösen oder spirituellem Kontext auf Basis neurophysiologischer Erkenntnisse.